2008/11/30

zeo2

Man muss ja nicht unbedingt zu den ersten Lesern einer Zeitschrift gehören, um sich eine Meinung über das jeweilige Blatt zu bilden. Neben mir liegt die dritte Ausgabe der zeo2, einem 50seitigen Magazin, Herausgeber ist der Deutsche Umwelthilfe e.V..

Ich hab mich jetzt gut zweieinhalb Stunden durch Lesenswertes aus Umwelt, Politik und Neue Wirtschaft geblättert und bin angenehm überrascht. Kein miefiger Flugblattstyle - aber auch kein Fachblattanspruch. Zum Zielpublikum zähle ich mich jetzt zwar nicht ganz, dazu hören viele Artikel dort auf, wo ich gern weitergelesen hätte.

zeo2 setzt als Schnittstelle zwischen Alltagsnachrichten und Hintergrundinformation an. So aufgeräumt wie die Titelseite gibt sich auch das komplette Heft. Das ist entspannend für den Leser ohne ihn vom Wichtigsten, den Inhalten abschweifen zu lassen. Auch die wenigen Werbeflächen passen sich unauffällig ein. Auch thematisch. Gedruckt ist das Ganze auf angenehm griffigen FSC-zertifiziertem Papier.

Die Nachrichten handeln ein weites Spektrum ab: Atombombengeschichtsträchtiges, Nordpoleisflächiges, Bio-Bäuriges und Outdooriges. Und schon beginne ich zu ahnen, für wen hier eigentlich geschrieben wird. Es ist irgendwie kein Zufall, dass das Blatt im Jahr der grossen Energiepreissteigerungen in Erscheinung tritt. Jetzt, da Energie, Nachhaltigkeit, Umwelt und Politik in ihren Zusammenhängen erklärt werden wollen. Denn allzu oft bleibt dafür keine Zeit im Schnellgeschäft der Agenturmeldungen.

zeo2 dagegen holt schon längst aus den Augen verlorene Themen wieder an die Oberfläche (Tropensturm Nargis, Burma, 2008), bereitet medial die anstehenden Atommülltransporte und frisch aufgeflammte Diskussion um geplante Laufzeitverlängerungen bei Kernkraftwerken und die ungelöste Endlagerproblematik auf und beleuchtet die "Wiederinbetriebnahme" von stillgelegten Agrarflächen vor dem Hintergrund der Lebensmittelpreissteigerungen Anfang des Jahres. "Zieht euch warm an!" lautet der Hinweis auf den Hauptartikel des Heftes und lässt sofort mit Sarrazins Energiesparideen assoziieren. Zunächst wird hier mit den in der Presse aufgetauchten, mehr oder weniger qualifizierten Massnahmen ins Gericht gegangen. Systematisch werden dann die Möglich- und Notwendigkeiten im Bereich Energiesparen dargestellt. Wie es im Rahmen eines solchen Blattes eben gerade noch geht wird dem Leser eine Übersicht von Einspar- und Modernisierungsmöglichkeiten gegeben, die er sonst nur in Eigeninitiative oder über Energieberatungsagenturen erlangen könnte. Wer also gerade überlegt, wie die aktuellen Energiepreise und der Verbrauch mit den baulichen, technischen oder sozialen Gegebenheiten zu vereinbaren sei, dem sei der Artikel durchaus ans Herz gelegt.

Viel Spass (Ja, ich finde man darf trotz des Themas Spass haben.) hatte ich beim Lesen des Interviews mit Joschka Fischer. Nicht das ich neue Seiten an ihm entdeckt hätte, es was vielmehr der Beweis, dass der Mann einfach mal gut in der Thematik steckt. Es wird ihm hier zwar nicht unbedingt ein unbequemes Fragenrepertoire vorgelegt, welches sicherlich spannender zu lesen wäre, sondern die aktuellen grossen weltpolitischen, energiebezogenen Probleme und Herausforderungen beleuchtet und ins richtige (Realo-)Verhältnis gesetzt.

Der Medienüberblick - halb Webinhaltshinweise, halb Buchvorstellungen - könnte evtl. deutlicher ausfallen. Vermisst habe ich hier ameisten eine konsequente Begleitung seitens der zeozwei-Homepage. So wäre dem Leser mit den entsprechenden Links zu den Seiten ein Stück weit Entgegekommen dargebracht.

Filmblick auf youtube.com
Sierra Club
postfossil mobil

Der Artikel über die Zukunft der Photovoltaik in deutschland ist mir ein bisschen zu allgemein gehalten. So bieten die News auf dem Solarserver einen besseren Überblick auf das worauf sich Firmen und Politik in Deutschland hinbewegen. Zumindest als Linktip hätte ich mir soetwas gewünscht. Überhaupt habe ich spätestens da das Gefühl bekommen, das hier noch erhebliches Potential steckt. Eine Zeitschrift, die aller einem Vierteljahr erscheint, sollte zumindest Ansatzpunkte bieten, sich selbst mit weitern Informationen versorgen zu können. Eine die Artikel der jeweiligen letzten Ausgabe umfassende, bzw. berücksichtigende Rechercheempfehlung auf der Homepage wäre da ein erster Schritt.

Deutschland wäre nicht Deutschland ohne seine Bürokraten. Das beschreibt ein ziemlich bedenklich stimmender Artikel über die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Fast nahtlos passt da der Bericht über den Versuch, die europaweit abgeschafften Schindanger wiederzubeleben, um Geierarten wieder eine, ihre "Beschäftigung" zurückzugeben. Verständnisschwierigkeiten in Behörden ob dessen was schon über Jahrhunderte zu Europa gehörte. Als krönenden Abschluss gibt es noch einen Bericht über die Pläne zur Kennzeichnung von Lebensmitteln. Unter dem Stichwort Ampel-Kennzeichnung den meisten geläufig, aber trotzdem unbekannt werden hier mal die Vor- und Nachteile der geplanten EU-weiten Regelung beleuchtet. Gefallen hat auch der mittlerweile von der Zeit eingeholte, aber zum Zeitpunkt des Erscheinens äusserst aktuelle Beitrag über die unterschiedlichen und gemeinsamen Positionen zu Energiethemen der US-Präsidentschaftskandidaten vor der Wahl.

Als technisch durchaus begeisterbarer Mensch habe ich den zeo2-Mobilitätstest zum vectrix natürlich sofort verschlungen. Sicherlich wird sich niemand auf Grund dieses Berichts den Elektroroller kaufen, aber ein netter Einstieg ist er allemal. Absolut unbrauchbar wirkt allerdings die Leistungs-, Preis- und Emissionsübersicht. Hier sollte man nicht scheuen, bei den einschlägigen Autozeitschriften zu wildern. Besonders wenn man ernst genommen werden will. Das Gesamturteil "3 von 5 goldenen Speichen" ist jedenfalls weder erläutert noch irgendwie verwertbar.

Alles in allem eine gute Zeitschrift, die sich für den interessierten Normalverbraucher auch im Abo lohnt. Das nach drei Ausgaben immer noch Verbesserungspotential herrscht ist nicht überraschend und sollte ernsthaft angegangen werden. Heutzutage müssen sich Printmedien eben ständig ob ihrer Konkurrenzfähigkeit zu Internetangeboten überprüfen. Eine ständige begleitende Weiterentwicklung des Webauftritts sollte jedenfalls nicht aus Furcht vor ausbleibenden Absatzzahlen unterbleiben.

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