2022/10/03

that feeling never gets old

Techno, eigentlich haben wir damals Tekkno gesagt, geschrieben, gefühlt. Seit knapp drei Jahrzehnten kickt mich das nun schon immer wieder aufs Tiefste. Wenn es denn kickt. Und verdammte Axt, was ist das nur mit Hamburg?! Seit es die Box nicht mehr gibt hab ich hier immer mal wieder versucht was vergleichbar roughes zu finden, nada. Ja okay Hafenklang, wir haben schon hübschen Drum & Bass gefeiert, aber bleibst halt auch nur ein Wohnzimmer. Stubnitz, alte Hütte, was hat Dich bloß so ruiniert, wann bist Du so artsy geworden? An Rostock erinnert nur noch die alte Kennung ROS-701. Silvester auf dem Achterdeck, jeder nur 2 Stunden an den Decks weil die Finger irgendwann eh zu kalt wurden. An der Kaimauer zwei brennende Ölfässer, unter Deck 4/4 in die Magenwände. Das ruhigste war die abgehängte Stahlplatte auf der die Technics standen, ich hab nie wieder ein stabileres Pult getroffen. Hamburg, Schicki-Micki war schon immer Dein Ding. Lieber bisschen konservativ-kompatibel, lieber nen Streifenwagen wegen Kiffens auf dem Spielplatz rausschicken, lieber nicht zu viel Mut, lieber auf Nummer sicher. Und so sehen die Bookings in dieser Stadt dann auch aus. Da waren ja die Zeiten der großen Holland-Happy-Hardcore-Raves in der Markthalle als Abweichen vom allgegenwärtigen Tunneltrance fast schon gewagt. Nicht. Ich kann ja verstehen, dass sich niemand nen leeren Club auf lange Sicht leisten kann und das man dann lieber auf Nummer sicher bucht. Aber damit passiert hier halt eben auch nichts. Außer Bummeltechno.

Einfacher, dreckiger Techno ist in den letzten Jahren so schön weitergesponnen worden, findet hier aber einfach nicht statt. Es ist der 3. Oktober, ein Feiertag der mir nicht wirklich was bedeutet, außer dass es ein Feiertag ist. Wenn es einen Punkt gibt, an dem die Ost-West-Schere für mich eben auch immer noch spürbar ist, dann sind es die Clubs. Klar könnte man da jetzt anfangen sonstewas rein zu interpretieren. Dass es eben nur auf der Kaputtheit der Nachwende so blühen konnte, währen der Westen schon voll übersättigt nur auf den alten Clubstrukturen aufbauen konnte. Dass es vielleicht ganz besonders in sozial hoffnungslosen Gesellschaftsteilen das notwendige Momentum für Großartigkeit gibt. Der Löwenzahn eben gerne auf Betonbrachflächen abgeht anstatt in den totgespritzten und akkurat getrimmten Reihenhausvorgärten.

Wie gut dass es die Bahn gibt, anderthalb Stunden, Hbf raus, Schließfach, Späti, Essen, Freunde treffen, halb zwei das Häkchen auf der Liste. Konsequent dass es mittlerweile nicht mehr nur das Markenzeichen des Berghains ist, "was im Club passiert, bleibt im Club" und Smartphones und die Likes draußen bleiben müssen. So'n Kameralinsen-Sticker ist ein bisschen wie ein Kurzzeit-Festivalbändchen, wenn man das Endgerät nicht eh an der Garderobe abgeben muss. Und damit bleibt dann eben auch das übrig, was am Ende die Keller und Bunker so ausmacht. Der Nebel, das zuckende Licht, die fönenden Bässe und der fingerbreit Schweiß auf dem Betonboden. Mit dem Tanzen ist das wie mit dem Radfahren - irgendwann im Flow, in "the zone". Die ab und zu auftauchenden Schemen der anderen ringsrum werden langsam vertraut. Allen geht es ähnlich, alle haben Hunger, wollen es derbe, kein verkopftes Schöngeistkonstrukt. Das was zwischen hinter und vor dem Controller passiert ist so simpel wie endschön. Ein altbekanntes, vertrautes und immer wieder kickendes Pingpong aus Fallenlassen, Anfixen und Fertigmachen - Endorphine.

Und irgendwo zwischen Bassdrum und Nebelmaschine drehte sie sich um und schrie lächelnd "I like your energy!". <3

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